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Er will Millionen Menschen aus Deutschland vertreiben lassen – und darf vielleicht selbst bald nicht mehr nach Deutschland: Deutsche Stellen prüfen, ob Martin Sellner die Einreise verwehrt werden soll.
Nach Informationen von t-online gibt es nun im Bundesinnenministerium (BMI) Überlegungen, gegen Sellner eine Einreisesperre zu verhängen.
Obwohl EU-Bürger, dürfte er dann zumindest befristet nicht mehr für Vorträge und Treffen nach Deutschland kommen.
Großbritannien und die USA haben gegen ihn bereits einen entsprechenden Bann erlassen. Die Idee ist aber umstritten.
In der nicht öffentlichen Sitzung des Innenausschusses in der vergangenen Woche erklärte nach Informationen von t-online die Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), in Rücksprache mit den Ländern werde geprüft, ein Einreiseverbot zu erlassen.
Die Faeser-Vertraute sprach von hohen Hürden, EU-Bürgern das Recht auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet zu verweigern.
Allerdings gehörte Großbritannien auch noch zur EU, als Sellner im Jahr 2018 zweimal bei der Einreise in London festgenommen und in eine Abschiebeeinrichtung gebracht wurde.
Aus Kreisen der "Identitären" hieß es zur Begründung der Behörden, Sellner habe nach deren Ansicht dort zum "Rassenhass aufstacheln" wollen.
Auch der Pegida-Gründer Lutz Bachmann durfte damals nicht nach Großbritannien einreisen.
Schwarzelühr-Sutter erklärte im Ausschuss nach t-online-Informationen, bei einer Gefahr für öffentliche Sicherheit und Ordnung könne das Recht entzogen werden.
Offiziell will das Ministerium dazu nichts sagen: "Zu Gesprächsinhalten in nicht öffentlichen Sitzungen der Ausschüsse des Deutschen Bundestages nimmt das BMI nicht Stellung." Auch zu "etwaigen laufenden freizügigkeitsrechtlichen Verfahren gegen Einzelpersonen nimmt das BMI grundsätzlich nicht Stellung".
Ob bereits entsprechende Prüfungen seitens der zuständigen Landesbehörden erfolgen, sei nicht bekannt. Sellner selbst beantwortete Fragen von t-online nicht. Ehe ein Einreiseverbot verhängt würde, müsste er laut Ministerium noch angehört werden.
Martina Renner, Sprecherin der Linken für Antifaschismus und langjährige Obfrau der Fraktion für den Innenausschuss, sagte t-online, die hohen Voraussetzungen für einen solchen Schritt seien in der Person Sellners aus ihrer Sicht erfüllt. "Denn er plädiert ganz offen für die Abschaffung unserer Verfassungsordnung. Dazu müssen wir ihn aber nicht einladen!"
In der Vergangenheit seien Neonazis aus Deutschland die Ausreisen etwa nach Bulgarien oder Ungarn untersagt worden, umgekehrt solle dies auch für die Einreise ausländischer Neonazis nach Deutschland genutzt werden.
Die Möglichkeit hatte bereits der frühere Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" ins Gespräch gebracht. "Rechtsextremisten, die gegenüber sich rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhaltenden Personen eine Ausweisung und Abschiebung vorschlagen, gefährden die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Dementsprechend ist zu fordern, Herrn Sellner Einreisen in die Bundesrepublik Deutschland zu untersagen."
Aber auch in den Regierungsparteien gibt es eine andere Ansicht: Lamya Kaddor, Sprecherin der Grünen-Fraktion für Innenpolitik, sieht nicht nur in rechtlichen Hürden ein Hindernis: "Einreiseverbot für Martin Sellner wäre politisch kontraproduktiv, denn es stärkt lediglich das Opfernarrativ der Rechten."
Diese Leute agierten und verabredeten sich in ganz Europa – wenn nicht mehr in Deutschland, dann eben in einem andern Land. "Ihre menschenverachtende Ideologie kursiert und gedeiht auch im Netz. Einreiseverbote werden dem Problem daher nicht gerecht. Vielmehr müssen unsere Sicherheitsbehörden jeden Winkel dieses braunen Sumpfes ausleuchten und gegebenenfalls anlassbezogen bei Veranstaltungen der Szene in Deutschland reagieren."
Für Sellner gibt es unterdessen bereits im Netz neue Grenzen: Der Audio-Streamingdienst Spotify hat ihn von der Plattform verbannt.
Eine Spotify-Sprecherin sagte der österreichischen Tageszeitung "Der Standard": "Unsere Plattformregeln besagen eindeutig, dass wir keine Inhalte zulassen, die Terrorismus oder gewalttätigen Extremismus fördern oder unterstützen. Nach Überprüfung wurde dieser Inhalt entfernt." Seine Analysen sind dort nicht mehr abrufbar.
Andere Plattformen haben ihn schon länger gesperrt: Instagram und Facebook waren Vorreiter.
Im Juli 2020 wurde dann sein persönlicher Account auf Twitter, dem heutigen X, zusammen mit zwei weiteren Accounts der "Identitären Bewegung" gelöscht.
In der gleichen Woche machte auch YouTube seinen Kanal mit 100.000 Abonnenten dicht.
Diese Plattform nutzt Sellner insgeheim weiter mit einem Kanal, der als leer erscheint. Unterstützern schickt er aber Links zu nicht gelisteten Beiträgen, die sie dann dort abrufen können.
Sein wichtigster Kanal ist Telegram; Sellner hatte in der Erwartung von Sperren frühzeitig auf den Messengerdienst gesetzt.