Ärger um eine Diskussionsveranstaltung: Eigentlich sollte es am Dienstagabend im Corvey-Gymnasium die "Lokstedter Gespräche" geben - zur Flüchtlings- und Sozialpolitik.
Oberstufenschüler und -schülerinnen hatten dazu Politiker und Politikerinnen eingeladen, auch von der AfD. Die Veranstaltung wurde aber kurzfristig abgesagt.
Das Corvey-Gymnasium begründet die Absage mit "Sorgen um die Sicherheit der Beteiligten". Schon im Vorfeld hatte es Beschwerden von einzelnen Eltern, Kindern und Jugendlichen gegeben.
Der Grund: Auch der AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Alexander Wolf war eingeladen worden. Der hatte auf einem AfD-Parteitag unter anderem von "Deutschlandhassern" gesprochen, die die Grenzen öffnen und das Land verändern wollten.
Die Schule war trotzdem verpflichtet, auch die AfD einzuladen, denn bei solchen Veranstaltungen gilt eine Neutralitätspflicht.
Das allerdings beeindruckte eine Gruppe von Schülern und Schülerinnen nicht. Sie hatten in der "tageszeitung" angekündigt, die Veranstaltung zu stören, wenn der AfD-Vertreter redet. Damit drohte ein Eklat, den die Schule offenbar verhindern wollte.
https://taz.de/Neutralitaetspflicht-in-Hamburger-Schulen/!5997041/
Aus dem Artikel:
Eine Gruppe von Schüler*innen aus der Oberstufe will den Auftritt des AfD-Vertreters nach eigener Aussage nicht einfach akzeptieren. Mit Flyern würden sie an der Schule bereits über den AfD-Politiker informieren, sagen sie.
Außerdem fordern sie für Dienstag zum Protest auf. „Wir wollen klare Kante zeigen“, sagt eine Schülerin der taz, die anonym bleiben will. „Am Dienstag planen wir, so viel Lärm zu machen, dass Alexander Wolf auf der Bühne nicht seinen Hass verbreiten kann.“
Die nach eigenen Angaben „rechtskonservative“ „Junge Freiheit“ und die AfD framen das ganze als Einschüchterung durch „linksextreme Antifa“.
Jetzt wird geprüft, wie und wann die "Lokstedter Gespräche" nachgeholt werden können. Die Hamburger Schulbehörde teilte NDR 90,3 dazu mit: "Dass das gesamte politische Spektrum, also alle Parteien der Hamburger Bürgerschaft, auch zum verschobenen Termin eingeladen werden, versteht sich von selbst - wegen des Neutralitätsgebots.
Vielleicht wäre es schlauer gewesen, sich mit Fakten zu bewaffnen und den AfD Politiker damit bloßzustellen. Ich kann mir vorstellen, dass eine Gruppe von 8-10 Schüler*innen sich besser vorbereiten kann, als eine einzelne Person.
Der Typ erfindet seine Lügen on-the-fly, und bis die Schüler*innen denen hinterherrecherchiert haben, hat der schon 20 weitere erzählt. Manipulatoren, Blendern und Lügnern kann man nicht mit Fakten begegnen.
„Können Sie ihre Aussage belegen?“
Ich finde es immer kritisch, wenn (in diesem Fall bei einer Einladung zu einem Dialog) sich nicht mehr gegenseitig zugehört wird. Man muss ja der anderen Seite nicht zustimmen. Aber auf der eine. Seite werden solche Aktionen legitimiert und auf der anderen Seite regen wir uns auf, wenn die Gegenseite Ähnliches macht (wie gerade die Sache im Bundestag, wo sich die #noAfD auf den Platz des Vorsitzenden gesetzt hat.)
Was für Lanz gilt, gilt für solche Veranstaltungen genau so. Man kann Populisten und Lügner nicht "entzaubern". Jede Plattform, die man ihnen gibt, nehmen sie aus dem Kontext und nutzen sie für weitere Lügen oder Opfernarrative. Man kann über Nazis reden, aber nicht mit ihnen.
Es ist gut wenn die Jugendlichen andere Jugendliche über ihre Beweggründe, diese Veranstaltung zu verhindern, aufklären. Das geschah mit dem Flugblatt auch. Dafür braucht es aber keine "Diskussion" mit einem Politiker der AfD, der im schlechtesten Fall gut genug wäre sich rauszuwieseln und im besten dann abhauen würde "weil Hexenjagd auf ihn" oder was auch immer die Opfererzählung seinerseits dann wäre. Dass er sich jetzt auch als Opfer sieht ist was so oder so passiert, nur musste er in dieser Situation vor der Tür bleiben.
Die Schule frei von Rechtsextremen zu halten ist richtig. Wenn es die Schule nicht kann dann eben so. Hut ab vor den Schülerinnen und Schülern!
Vielleicht gehört so eine Veranstaltung überhaupt nicht in die Schule. Über die Wahlen kann man auch so sprechen. Wenn die Schule darauf besteht, hat sie keinen Anspruch darauf, dass die SchülerInnen den PolitikerInnen oder allen von ihnen zuzuhören bereit sind.
Die AfD ist schon seit Jahren "entzaubert". Die SuS die zum Protest aufrufen haben es genau richtig gemacht. Dem faschistischen Dreckspack bietet man keine Bühne!
Populisten haben eine Reihe von Taktiken, mit der sie jede fatkenbasierte Diskussion mit ihnen entgleisen lassen und für ihre Propaganda nutzen können.
Ein Beispiel: widerlegst du ein Argument, kommen sie mit 10 neuen, gerade erfundenen Dingen und Halbwahrheiten (gish galopping). Und du bist erstmal damit beschäftigt, darauf zu reagieren und das zu widerlegen. "Haben sie einen Beweis dafür?" funktioniert genau so wenig, es macht dich eher unglaubwürdig bei potentiellen Zuhörern.
Es ist schlicht nicht möglich, sie in einem Gespräch zu widerlegen. Ich habe das jahrelang bei einem nahen Verwandten versucht. Jede Diskussion ist sinnlos und führt nur dazu, dass du danach als Verlierer aus dem Gespräch gehst.
That said, natürlich sollte man offen für einen Dialog mit Andersdenkenden sein. Wenn dein Kollege, der eigentlich ein ganz OKer Kerl ist, Quatsch erzählt, dann sag ihm das ruhig. Wenn Günther beim Abendessen wieder rechte Scheisse labert, go on, diskutier das aus.
Aber eine öffentliche Bühne sollte man Populisten und Extremisten auf keinen Fall bieten.
Edit: für die privaten Fälle ist es manchmal sehr effektiv, wenn man die Diskussionstaktiken des Gegners offenlegt und erklärt, warum sie invalide sind. Z.B. beim Gish Galopping könnte man sowas sagen wie "was du da gerade machst nennt man Gish Galopping. Du erfindest einfach einen Haufen Dinge, bei denen ich dann wegen wegen der Menge solange brauche, um sie zu widerlegen, dass die Diskussion dann einfach vorbei ist." Funktioniert nicht immer, kann aber sehr effektiv sein.