this post was submitted on 06 Feb 2024
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Ich schimpfte auch schon lange auf die Politik, die ja wirklich so viel falsch macht. Ich weiß, dass der CO² Fußabdruck eine Kampagne war, mit der die fossilen Zerstörerkonzerne ihr Verantwortung auf uns alle abwälzen wollen. Böse, korrupte, kurzsichtige Psychopathen, ohne Scheiß! Aber ich habe da so einen einen Verdacht:
Wir haben in einigen Bereichen mehr Macht, als wir uns zugestehen. Du kannst ab sofort im Aldi nur noch Bio-Produkte kaufen, besser im Bioladen, noch besser als Gemüsekiste, noch besser bei deiner lokalen Solawi. Du kannst auch aufhören Tiere zu essen, niemand zwingt dich. Du kannst aufhören zu fliegen und ab sofort Second Hand kaufen, deine Kleidung und alle deine elektronischen Spielzeuge. Niemand muss bei Amazon bestellen, das ist deine freie, persönliche Entscheidung. Bring dein Geld zu einer grünen Bank, die deine Zinsen nicht mit Nahrungsmittelspekulation und Waffengeschäften verdient. Tust du das?
Vielleicht ist die Politik gar nicht so böse. Vielleicht bist du es auch, weil du zwar hier anonym und gemütlich ein bisschen schimpfst, aber dann trotzdem die billige Option wählst? Weil wir am Ende vielleicht doch alle Schnäppchenjäger sind. Und 45 Cent für die Dose Mais ist im im Moment der Entscheidung dann doch attraktiver als die gleiche Menge für 1,15€ im Glas. Einmal ein Auge zugedrückt, kontrolliert ja niemand!
Wenn ich nicht nur eine Dose Mais brauche und der Preisunterschied überall so ist, dann habe ich jetzt 2,5x höhere Lebensmittelkosten.
Das kann ich mir nicht leisten.
Ich wohne zur Miete auf 30qm/Person, besitze kein Auto, kaufe meine Klamotten und größere Anschaffungen Second Hand, fahre in Urlaub mit dem Zug, dem Fahrrad oder dem Wohnmobil meiner Mutter und raubkopiere meine Unterhaltungsmedien. Party mache ich in dem Kulturzentrum in dem ich Mitglied bin und umsonst saufen kann.
Ich arbeite Vollzeit. Und es bleibt trotzdem nix übrig, was ich ansparen könnte. Ich bin der deutsche Mittelstand (unter 50)!
Du gehörst zur Mittelschicht, der Mittelstand ist etwas anderes…
Laut Duden aber erst seit 2001. Mein Deutsch-Unterricht hat davor stattgefunden.
Auch wenn ich die persönlichen Entscheidungen zu einem nachhaltigen Lebensstil befürworte, ist das mMn am Kern des Problems vorbei.
Die meisten Menschen orientieren sich an günstigen Preisen. Das kann teils aus Notwendigkeit heraus sein (zu wenig Geld) als auch aus Geiz. Bewusstsein über Kaufentscheidungen kann sicher helfen, aber die finanziellen Anreize schreien kräftig dagegen.
Und daran sind Entscheidungen auf politischer Ebene schuld. Die Fleischindustrie z.B. wird massiv subventioniert. Vom energetischen und wirtschaftlichen Standpunkt her ist das total blödsinnig. Ohne jene Subventionen wäre das zu diesen Niedrigpreisen nicht tragbar.
Und wenn die Bio-Gurke im Supermarkt mehr kostet als eine Packung billiges Fleisch, sieht man ziemlich klar, wie verkehrt diese Welt ist.
Da muss die Politik eben jene Rahmenbedingungen schaffen, die es selbst nicht nachdenken-wollenden und geizigen Menschen erleichtert und dazu ermutigt ein nachhaltiges Leben zu führen.
Ich stimme dir absolut zu, das System belohnt uns, wenn wir schlechte, selbstzerstörerische und verantwortungslose Entscheidungen treffen. Darum habe ich geschrieben:
Du hast bewusst die Propaganda von Konzernen übernommen? Interessanter move.
Es ist schon beides. Unternehmen müssen umweltfreundlicher werden und Konsumentscheidungen steuern Unternehmen. Wenn sich damit Geld verdienen lässt, wird der Markt bedient/passt sich an, siehe vegane/vegetarische Ersatzprodukte. Ein großes Problem ist hier eher, dass ein großer Teil der Bevölkerung sich umweltfreundlichere Produkte schlicht nicht leisten kann.
Eine pflanzliche Ernährung ist billiger solange man nicht voll in den plant based capitalism einkauft. Ja, man muss vielleicht selbst kochen aber Bohnen Linsen und Reis sind eigentlich immer billiger. Das Problem ist dass viele nichts neues probieren oder lernen wollen. Wenn das Ziel ist das alles gleich bleibt und nicht neues probiert ist es idiotisch teuer, ja.
Bei Essen mag das zutreffen, bei Kleidung aber nicht.
Daher hab ich "pflanzliche Ernährung" geschrieben. Schweißerhandschuhe und Schutzkleidung ist auch für mich ein Problem. Bei Alltagskleidung kann ich mir auch nicht immer vegan mit Label leisten weil viele Chemikalien in der Industrie irgendwo tierisches mit drin haben. Dann kauf ich halt welche ohne Leder aber ohne Label... So weit man kann halt, wenn es mehr machen wird es auch einfacher, war oft positiv überrascht von Antworten von Herstellern wie genau die das auch nehmen und wie sehr sie die Nachfrage auch wahrnehmen.
Ich kaufe kaum neue Kleidung weil bio vegan fairtrade einerseits wirklich sehr teuer, und andererseits unsere Gesellschaft eh randvoll mit Klamotten ist. Flohmarkt, Humana, Fair Store, du bekommst das Zeug hinterher geschmissen. Und gebraucht ist immer nachhaltiger als neu, da nehme ich auch ein T-Shirt ohne die Inhaltsstoffe der Farbe zu kennen. Unterstützte ich damit (Tier-)Leid und Ausbeutung? Ich würde sagen: Nein. Aber das muss jede:r für sich entscheiden.
Ich verstehe nicht was du meinst. In jeder größeren Stadt bekommst du doch bei Humana Kleidung in allen Farben und Formen für um die 10€ pro Teil. Selbst hier auf dem Dorf gibt es mehrere Gebraucht-Läden, nicht ganz so gut sortiert, aber noch billiger. Da kaufe ich dann eine Jacke, eine Hose und Bettwäsche für insgesamt 8€.
Wozu braucht man dann überhaupt Gesetzte zur Regulierung von unternehmerischer Tätigkeit?
Bin fasziniert davon wie du selber die Lücken deiner Argumentation siehst, ohne deine Meinung zu ändern.
Warum? Wenn man es sich leisten kann, ist es gut das zu tun, wenn nicht, kann man die Verantwortung abwälzen. Deshalb schrieb ich ja, dass beides passieren muss.
Die Idee einer repräsentativen Demokratie ist auch, dass ich am Wahltag jemanden bestimme, der/die sich in Vollzeit damit beschäftigt langfristig gute Entscheidungen zu treffen. Und systemische Probleme angeht, auf die der Einzelne keinerlei Einfluss hat; zum Beispiel eine fair vergütete ökologische Landwirtschaft zu fördern. Dafür investieren wir als Gesellschaft auch gutes Geld, z.B. für den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages; die dürfen dann Metastudien wälzen, wie genau wir den Agrarsektor in Ordnung bringen.
Also gib bitte nicht mir die Schuld am Zustand der Welt, weil ich gestern mal die erstbeste Maisdose im Supermarkt genommen habe, ohne noch nach einer unverpackten Fair-Trade-Bio-Alternative zu fragen. Jeder hat auch im Alltag seinen Anteil, klaro! - Aber das große Ganze verliert sich so im Klein-Klein.
Aber was tun, wenn es anscheinend weder in der Politik, noch in der Bevölkerung auch nur ansatzweise eine Mehrheit für eine echte Kursänderung gibt? Trotzdem privat das Richtige tun, bewaffneter Widerstand, Resignation?
Ist das jetzt alles eine absichtlich übertrieben ambitionierte gewählte Aufstellung, oder das bare minimum? Kann deinen Text nicht ganz deuten, aber ja. Wobei nicht fliegen und 2nd Hand Kram auch ein bisschen von der Geldnot her rührt ist der Rest halt irgendwie recht selbstverständlich. Oder wooosht hier gerade ein Witz an mir vorbei