this post was submitted on 22 May 2024
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Im Juni 2023 gab es die meines Wissens weltweit erste Volksabstimmung über ein "Recht auf ein Offline-Leben". Im Schweizer Kanton Genf stimmten 94% der Wahlberechtigten dafür.
Das Recht auf digitale Integrität wird nun in die Verfassung des Kantons Genf aufgenommen. Andere Schweizer Kantone arbeiten seither ebenfalls daran, ihre Gesetze anzupassen.
Privatsphäre spielte bei der Abstimmung dabei eine geringere Rolle und bei weitem nicht die Hauptrolle. Privatsphäre ist nur ein Symptom für das tiefere Problem eines überwachungsgetriebenen Geschäftsmodells, und das ist leider heute der Kern des Internets.
Für die Menschen steht bei der Digitalisierung ihrer Daten viel mehr auf dem Spiel als ihre Privatsphäre. Wenn Daten von Menschen auf offenen Märkten gehandelt werden, bedroht dies die Sicherheit dieser Menschen, die Demokratie, verstärkt bestehende Formen von Ausgrenzung und Ungleichheit und schafft neue, führt zu Verfolgung, psychischen Gesundheitsproblemen und vieles mehr - je nachdem, wer über diese Daten verfügt, wer gerade regiert, welche Zwecke von diversen Interessensgruppen verfolgt werden.
Ein 'gläserner Mensch' führt sehr leicht zu einer Bürokratie, die unser digitales Selbst mit weit weniger Respekt und Rücksichtnahme behandelt als unser physisches Selbst.
Deshalb stellte auch die Genfer Verfassungsänderung nicht die Privatsphäre in den Vordergrund, sondern ein viel größeres Konzept, nämlich dass der 'digitalen Integrität', dass nämlich unser digitales Selbst das gleiche Maß an Anerkennung und Schutz verdient wie unser physisches Selbst, sowohl vor kommerziellen als auch vor administrativen und staatlichen Eingriffen. Denn unser digitales Leben hat einen sehr starken Einfluss auf unser physisches Leben, der künftig wohl noch stärker wird.
Deshal votierten die Schweizer auch mit überwältigender Mehrheit für ein Recht auf ein Offline-Leben.
Meiner persönlichen Meinung nach ist das auch starkes Indiz dafür, dass den Menschen sehr wohl die Risiken der Digitalisierung bewusst sind und für eine Alternative votieren, wenn sie eine Wahl haben. Das in manchen Foren transportierte Narrativ von den 'Normalos' - also die grosse Masse an Leuten, die vereinfacht ausgedrückt jede Google-App runterladen ohne darüber nachzudenken - gibt es offenbar so nicht. Wir müssen aber natürlich Alternativen schaffen.
Ich glaube du vermischt hier einiges. Digitalisierung und "gläserner Mensch" sind zwar in unserer momentanen Welt zusammenhängend, aber das muss ja nicht zwangsläufig so sein. Ich finde es ist keine gute Lösung statt digitale Privatsphäre jetzt einfach wieder ein zurück zu vorher zu fordern. Und ich verstehe auch nicht die Vermischung von digitaler Integrität mit einem Recht auf offline-Leben. Wo hängt denn beides zusammen? Nur weil dann Menschen das Recht haben, wieder analoge Briefe zu erhalten, wird doch gar nix digital verändert? Aber gerade digital bräuchten wir eben doch eine viel striktere Rechtslage um die Integrität von Menschen zu bewahren. Ja, wir müssen das überwachungsgetriebene Geschäftsmodell endlich loswerden. Aber doch nicht so! Das wird dadurch doch überhaupt nicht berührt.
Und was du am Ende schreibst, klingt für mich auch nicht nachvollziehbar. Wo beweist diese Volksabstimmung denn bitte, dass den Menschen die Risiken der Digitalisierung bewusst sind? Viel naheliegender ist doch, dass der Großteil der Menschen konservativ und traditionell eingestellt ist und lieber zur "guten alten Zeit" zurück will. Und das hat doch dann rein gar nix mit tiefergehender Beschäftigung mit Digitalisierung zu tun.
Ähnlich sehe ich die Aussage, es gäbe keine "Normalos", die jede beliebige App installieren. Doch, die gibt es natürlich. Schau dir generell GAMAM Nutzer:innen an. Was machen die denn bitte sonst, wenn nicht stumpf Microsoft, Google und Co nutzen??
Ich finde Digitalisierung aus Angst einfach zurückdrehen zu wollen den völlig falschen Weg. Darüber werden wir Menschen eben nicht zu digital souveränen und selbstbestimmten Personen machen. Sondern sie werden genauso unfähig bleiben wie jetzt. Und die ganze Überwachung läuft doch dann genauso weiter.