Dass die Bilder des schwulen Malers und Mitbegründers der deutschen LGBTQ-Bewegung, Rosa von Praunheim, in der Ausstellung in St. Egidien in der Nürnberger Altstadt für Diskussionen sorgen würden, damit hatte die Gemeinde wohl gerechnet. Dass die Kritik allerdings so massiv sein würde, wohl nicht. Nun hat der Kirchenvorstand reagiert und die Ausstellung vorerst geschlossen. "Jesus liebt" läuft erst seit 21. Juli. Die Bilder setzen sich zum einen kritisch mit dem Christentum und der Kirche auseinander. Zum anderen zeigen sie freizügig homosexuelle und queere Menschen.
Damit ihr euch ein Bild machen könnt: Einige der Ausgestellten Bilder:
Am Montag hatte die Gemeinde auf Facebook bekannt gegeben, dass sie aufgrund der eingegangenen Mails und Anrufe, die Ausstellung vorläufig schließen wolle. Sie postete dazu ein Foto der geschlossenen Kirchentür mit einem angeklebten handschriftlichen Zettel mit dem Text "Aufgrund der öffentlichen und internen Reaktionen auf unsere Ausstellung treten wir als Gemeinde in einen Prozess der Klärung ein, wie ein produktiver Umgang auf die Situation aussehen könnte. Solange bleibt die Kirche geschlossen". Unterschrieben wurde die Nachricht von Pfarrer Thomas Zeitler, der die Ausstellung organisiert hatte.
Am Dienstag reagierte der Kirchenvorstand von St. Egidien und St. Sebald auf die Situation und verschickte am späten Dienstagabend eine Pressemitteilung. In der heißt es, dass sich der Kirchenvorstand "aufgrund der Vielzahl an Rückmeldungen, die uns zur Ausstellung 'Jesus liebt' von Rosa von Praunheim erreicht haben", zu einer Sondersitzung am Dienstagabend getroffen und sich zu der entstandenen Situation beraten habe. Das vorläufige Ergebnis lautet: "Bis zu einer abschließenden Klärung durch den Kirchenvorstand in den nächsten Tagen bleibt die Ausstellung nicht öffentlich zugänglich".
Der geschäftsführende Pfarrer des Kirchenvorstands, Martin Brons, begründete den Beschluss damit, dass sich die Verantwortlichen der Aufgabe stellen wollten, die entstandenen Verletzungen, die einzelne Bilder ausgelöst hätten, ernst zu nehmen. Zugleich sei es nach der Meinung des Vorstands auch die Aufgabe, "in der weltoffenen Kulturkirche St. Egidien gesellschaftspolitisch und religiös herausfordernden künstlerischen Positionen Raum zu geben." Die Ausstellung war als Programmteil der Pride Weeks in Nürnberg zum Start des CSD am 21. Juni eröffnet worden.
Fucking Snowflakes.
Wie der Pressesprecher des Dekanats Nürnberg, Joachim Baumgardt, auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) am Montag erklärt hatte, sei zu vermuten, dass die meisten negativen Rückmeldungen von Menschen kämen, die sich die Ausstellung nicht selbst angesehen hätten, sondern aufgrund der medialen Berichterstattung davon erfuhren. "Die Personen, die da waren, haben sich eher nicht so kritisch geäußert", so der Pressesprecher.
Auf den Social-Media-Kanälen der Kirche sind neben kritischen Stimmen auch Hass-Botschaften zu finden. "Aufgrund der Rückmeldungen empfinden wir eine Fürsorgepflicht, nicht einen Modus der weiteren Provokation zu fahren“, so der organisierende Pfarrer Thomas Zeitler.
Auch die Nürnberger CSD-Organisatoren haben auf die Schließung der Ausstellung reagiert, die sie mitorganisiert haben. In einer Mitteilung vom Mittwoch bedanken sie sich nochmals ausdrücklich für das Engagement der Kulturkirche St. Egidien. Sie seien dankbar, dass die Kirche "gemeinsam diesen Weg der künstlerischen Freiheit" gehe. Weiter heißt es: "Wir halten diese Ausstellung für eine großartige Möglichkeit, um mit Menschen in Austausch zu treten, auch wenn wir nicht einer Meinung sind." Ihnen sei klar, dass die gezeigten Bilder für manche Personen eine Provokation darstellen könnten. "Jedoch wollen wir lediglich die Auseinandersetzung mit Sexualität, und in diesem Fall der Homosexualität, fördern", so die Organisatoren.
"Selbstverständlich" respektieren sie den Entschluss der Kirche aufgrund der Kritik die Ausstellung zu schließen, dennoch: "Wir stehen nach wie vor zu unserer Entscheidung die Bilder nach Nürnberg geholt zu haben und wünschen uns, dass die Ausstellung sehr bald wieder für jeden kunstinteressierten Menschen zugänglich ist." Eine dauerhafte Schließung würde, so die CSD-Organisatoren "ein ernsthaftes Bekenntnis zu einer Kulturkirche und der Öffnung der evangelischen Kirche in Frage queerer Lebensentwürfe in Frage stellen."
Die Ausstellung "Jesus liebt" wurde als Auftakt zu den Nürnberger Pride Weeks des CDS in Nürnberg eröffnet. Sie sollte bis 12. August laufen. Geplant sind auch Führungen und Diskussionsrunden. Zudem werden im Rahmen der Nürnberger Prideweeks im Filmhaus selten gezeigte Filme von Rosa von Praunheim präsentiert. Die Prideweeks stehen in diesem Jahr unter dem Motto "Queerer Aktionsplan Bayern – jetzt!" und wollen mit mehr als 80 Veranstaltungen, wie Theateraufführungen, Konzerten und Lesungen bis zum großen Christopher Street Day am 5. und 6. August für mehr Sichtbarkeit und Sicherheit von Menschen der LGBTIQ-Community sorgen.