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Man kann und sollte die Weimarer Republik nicht mit der Bundesrepublik vergleichen. Das politische System ist doch ein sehr anderes, übrigens aus guten Gründen.
@tux0r
Ich vergleiche auch nicht das politische System von Weimar und der BRD. Ich vergleiche eine spezifische Situation: eine Fraktion hat eine klare Mehrheit, der "Wählerwille" sagt uns also diese Fraktion solle den Regierungschef stellen. Das zu verhindern nennst du bislang undemokratisch.
Ich formuliere meine Frage um: wäre es damals undemokratisch gewesen einen Reichskanzler Hitler zu verhindern, obwohl er die Wahl November 32 gewonnen hatte? Wenn nein, warum nicht?
Edit: im Übrigen kann und sollte man die beiden deutschen Demokratien immer und ständig vergleichen, gerade in Zeiten in denen Faschisten wieder Wahlsiege erringen.
Ja, ich bin der Ansicht, die Wähler in Thüringen würden sich von allen anderen Parteien nur noch verhöhnt fühlen, wenn der Kernpfeiler der Demokratie, nämlich, dass die Mehrheit der Wähler anstelle einer Parteienoligarchie den Ton angibt, missachtet wird.
Was, glaubst du, werden die Wähler dann nächstes Mal machen? Oder ist dir das egal, weil eh noch eine Weile hin?
@tux0r
Dann ist es Teil des demokratischen Prozesses, dass Demokratien sich hin und wieder selbst abschaffen und Platz für Barbarei machen, wenn die Mehrheit es so will (oder unter falschen Versprechungen Menschen an die Macht wählt, die es so wollen)? Das gegen den Mehrheitswillen zu verhindern ist undemokratisch?
Oder sollten Demokratien Schutzmechanismen mitbringen, die eine Abschaffung der Demokratie verhindern? Oder Schutzmechanismen, die die Abschaffung zivilisatorischer Errungenschaften wie Grundrechte oder Minderheitenschutz auch gegen den Mehrheitswillen verhindern?
Nun, ich sehe mich hier in einem argumentativen Zwiespalt. Einerseits finde ich eine AfD-Regierung vermutlich nicht allzu überragend, andererseits ist es meine feste Überzeugung als Demokrat, dass man die Demokratie nicht retten kann, indem man sie unterhöhlt. Das Wahlergebnis schmeckt vielen nicht, auch ich finde es ~~nicht überragend~~ unschön (und ich wohne nicht mal dort!), aber es zählt m.E. auch schon zur Abschaffung der Demokratie, sich als in der Wahl Unterlegene darüber hinwegzusetzen.
Man kann Demokratiefeindlichkeit nicht mit Demokratieüberwindung besiegen.
@tux0r
Darf man denn in deinem Demokratieverständnis Parteien, die bereits gewählt wurden, verbieten? Falls ja, macht es einen Unterschied, ob sie von vielen oder von wenigen Menschen gewählt wurden?
Nehmen wir an der diffuse Wählerwille aller Wähler, die nicht die AfD gewählt haben, wäre, dass die von ihnen gewählten Parteien niemals mit der AfD reden/Kompromisse schließen/interagieren sollen. Wäre es dann nicht auch undemokratisch, wenn diese Parteien dann doch mit der AfD interagieren, nur weil diese die meisten Stimmen erhalten hat? Sie würden dann ja den Willen ihrer Wähler missachten.
Ich halte Parteiverbote für albern, aber natürlich gelten demokratische Regeln auch für gewählte Parteien. Dabei ist es tatsächlich egal, wie viele tatsächliche Wähler sie haben.
Die Landtagswahlen - das stört mich übrigens auch an ihnen, jedes Mal, in jedem Land - fragen aber nicht "wer soll mit wem über eine Koalition reden?", sondern "wer soll regieren?".
@tux0r
In deiner Musterdemokratie, in der es alberne Parteienverbote nicht gibt, kann ich also mit einer Partei antreten, die alle Brillenträger einsperren will, und wenn ich die Mehrheit erhalte, dann sollte ich das so umsetzen können?
Darf denn eine Partei, die zwar die Mehrheit erhalten hat, aber gar nicht den Ministerpräsidenten stellen will, das so tun? Quasi als großer Juniorpartner in eine Koalition eintreten? Oder wäre das auch undemokratisch?
Wenn Landtagswahlen nur nach "wer soll regieren" fragen würden, dann würden wir aber den Regierungschef wie in einer Präsidialdemokratie einfach direkt wählen. Der Wahl-O-Mat hat ja mehr Themen als "wer soll regieren".