this post was submitted on 28 Jul 2023
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Natürlich muss es bei Handgreiflichkeiten Strafen geben. Besonders sowas wie der Fahrer der versucht hat mit seinem LKW jemanden wegzuschieben. Geht natürlich nicht. Gesetze sind Gesetze und verletzt wird niemand.
Finde man muss das aber auch aus der anderen Perspektive betrachten. Wir leben gerade in Krisenzeiten. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Der LKW Fahrer oder Handwerker der da ankommt reißt sich jeden Tag den Arsch auf, für nichts und wieder nichts. Keine Chance mehr irgendwas anzusparen, jeden Monat finanzieller Druck. Chef hängt ihm im Nacken dass er schon wieder zu spät bist. Das ist so schon maximal frustrierend und diesen Frust spürt man aktuell ganz deutlich. Man sieht in Reportagen immer wieder verzweifelte Leute die sagen "Ich muss zur Arbeit, lasst mich vorbei..."
Und dann sitzen da überprivilegierte Leute die aus irgendwelche Quellen finanziert werden auf der Straße und nerven ausgerechnet die die arbeiten MÜSSEN anstatt denen auf die nerven zu gehen die es wirklich verbocken. Wahrscheinlich liefert der LKW Fahrer grad den Supermarkt an in dem der Protestant am Nachmittag einkaufen geht. Jetzt mal ehrlich, was denken die sich dabei? Warum zum Teufel sitzen die nicht jeden Tag vorm Bundestag und fangen die 100k Autos der Politiker ab oder ketten sich am Helikopter vom Konzernchef XY? Erklär mir das mal einer.
Das da irgendwann mal bei manchen der Gedultsfaden reißt, ist abzusehen. Und das ist genau der Punkt. Die Aktivisten WOLLEN doch angegriffen werden. Das ist doch die Methode, weil man dadurch in den Nachrichten landet. Genau wie dieses völlig übertriebene und scheinheilige Gezeter wenn man weggetragen wird. Als ob man grade irgendeinen Endzeitschmerz spürt. Die Provokation ist offensichtlich und das "wir protestieren ja nur friedlich" ist vorgeschoben. Man will Krawall, man will Schlagzeile, man will die Opferrolle.
Nee, man will die Opferrolle nicht. Diese Dinge wurden in den letzten fünf Jahren in Deutschland öfters gemacht:
Blockieren von Raffinerien, besetzen von Kohlegruben, abdrehen von Ölpipelines, blockieren von Ministerien und Parteizentralen, bewerfen des Kanzleramts mit Öl, auslösen des Feueralarms im Bundestag, demonstratives Schwarzfahren.
Wieviel davon hast du mitbekommen? Genau. Es ist allen egal, weil es höchstens als Randnotiz in der Zeitung landet. Die Blockaden generieren extrem viel Aufmerksamkeit und sind, gemessen an der Katastrophen, die uns bevorsteht, extrem harmlos. In den nächsten zwei Jahrzehnten werden überall auf dem Planeten Todeszonen entstehen, in denen Menschen nicht mehr leben können. Das sind allein in der Sahelzone 600 Millionen Menschen. Die werden nicht einfach dort bleiben und sterben. Das Zeitfenster um gegenzusteuern schließt sich und gleichzeitig gibt es in unserm reichen, gebildeten, satten Land keine Mehrheit für echten Klimaschutz. Weder in der Politik, noch in der Bevölkerung und schon gar nicht in der Wirtschaft. Die Verzweiflung, die diese Menschen auf die Straße treibt kann ich gut verstehen.
Dass man andere Aktionen nicht mitbekommt stimmt überhaupt nicht. Im Gegenteil. Man bekommt ständig etwas mit. Aktionen wie gegen RWE war Wochenlang die größte Schlagzeile. Es landet alles in den Medien. Der Punkt ist also schonmal nicht wahr.
Das man sich bei Straßenblockaden aber mehr aufregt liegt überhaupt nicht an den allgemeinen Zielen der letzten Generation, sondern nur und ausschließlich an den Mitteln und an der Provokation die in die völlig falsche Richtung geht. Und es wird auch ausschließlich über die Mittel diskutiert, was uns auch kein Stück weiter bringt. Man richtet hier also mehr Schaden an der Sache als man ihr nützt, was ja zum Beispiel auch bei Fridays for future deutlich gesagt wurde.
Das Thema ist allen bekannt. Es muss keine Aufmerksamkeit für Klimaschutz gesucht werden. Die die es aktuell nicht ernst nehmen wissen davon. Es wird nur nicht ernst genommen oder es wird aus Geldgier schlicht ignoriert. Und da ändert auch die tausendste Straßenblockade nichts. Es geht völlig am Kernproblem vorbei.
Die Verzweiflung sehe ich, die Ziele trage ich mit, aber die Methoden sind und bleiben einfach scheiße.
Das erste Argument, das in solchen Diskussionen immer angebracht wird ist "probiert was anderes". Insofern scheint das Wissen über diese Alternativen nicht sonderlich verbreitet zu sein, sonst würde man ja die Frage stellen, warum eben nicht diese Alternativen nutzt. Und das bringt uns direkt zum nächsten Punkt: Es passiert nichts. All diese Aktionen haben nicht genug geändert. Und der Klimawandel lässt uns nicht die Zeit, das Problem durch ewig langen graduellen Wandel zur Zufriedenstellung aller Fossilinvestoren zu verschleppen.
Die LG hat wohl die weichsten Forderungen die man sich vorstellen kann. Bei F4F wurde hingegen gerne über die Forderungen gesprochen, weil die vergleichsweise so unklar und unrealistisch waren, dass sie als Kinderfantasien abgetan werden konnten. Ich gebe dir Recht, dass zu viel über die Mittel gesprochen wird, aber das scheint mir eher ein Problem von Medien zu sein.
Und am Ende wählen sie alle rechts weil der durchschnittliche Deutsche die politische Objektpermanenz eines Goldfisches besitzt und die eigenen Probleme scheinbar nur für lösbar hält, in dem der rechte Arm gehoben wird.